Unser Politikblog |Richard Klasen
FIAN Deutschland e.V 10.Oktober 2012
Der Hunger in der Welt ist menschengemacht. Mitverursacher ist
paradoxerweise auch die globale Lebensmittel- und Agrarindustrie. Darauf
haben das evangelische Hilfswerk Brot für die Welt und die
Menschenrechtsorganisation FIAN am Mittwoch in Berlin hingewiesen. Bei
der Vorstellung des „Jahrbuchs zum Recht auf Nahrung 2012“ forderten
Vertreter beider Organisationen die Politik auf, die lokalen Produzenten
ins Zentrum einer nachhaltigen Strategie zur Hungerbekämpfung zu
stellen. Das aktuelle Jahrbuch widmet sich der Frage „Wer kontrolliert
die Welternährung?“
Mehr als 20 Expertinnen und Experten
kommen in dem Bericht zu dem Schluss, dass es schon heute möglich wäre,
alle Menschen auf der Welt zu ernähren. „Rein rechnerisch hätte heute
jeder Mensch 30 Prozent mehr Nahrung zur Verfügung als noch vor 40
Jahren“, berichtete FIAN-Agrarreferent Roman Herre: „Stattdessen
untergräbt gerade die Lebensmittel- und Agrarindustrie in vielen Fällen
das Recht auf Nahrung.“ Die Konsequenz: Knapp 900 Millionen Menschen
müssen hungern.
„Wir beobachten, dass privatwirtschaftliche
Unternehmen und Finanzinvestoren immer stärker Einfluss auf die
Ernährung nehmen“, sagte Carolin Callenius von Brot für die Welt. Das
gehe von der Auswahl von Saatgut und Düngemitteln über die Vermarktung
und Weiterverarbeitung bis zum Produkt. Besonders auffällig werde dies
bei der Ernährung von Müttern und Kindern: Statt auf lokal verfügbare
Lebensmittel, setze die Industrie auf nährstoffangereicherte Produkte,
so Callenius.
Ein aktuelles Beispiel dafür, wie die
Hungerbekämpfung von Privatwirtschaftsinteressen dominiert wird, ist die
G8-Initiative zur Ernährungssicherheit in Afrika. „Hier haben die
reichsten Staaten zusammen mit großen internationalen Konzernen
Strategien erarbeitet, die einzig den Interessen der Konzerne dienen“,
sagte Herre. Kern der Initiative ist es, in Ländern wie Äthiopien oder
Mosambik die Landwirtschaft der internationalen Saatgut-, Agrar- und
Finanzindustrie zu öffnen. „Landraub und dem Export von Nahrungsmitteln
in reiche Länder wird so der Boden bereitet“, so Herre weiter.
Eindrücklich
erläuterte Fon Nsoh, Projektleiter des Brot für die Welt-Partners
COMINSUD (Community Initiative for Sustainable Development) aus Kamerun
die Ursachen der Hunger- und Nahrungsmittelkrise in seinem Land:
„Ausländische Geldgeber haben in Kamerun riesige Summen in die
Agrarindustrie investiert. Auch der Staat sowie Forst- und
Bergbauunternehmen beanspruchen viele tausend Hektar Land. Dafür
vertreiben sie die lokale Bevölkerung von ihren Äckern.“
Positiv
bewerten die Autoren des von Brot für die Welt und FIAN mit
herausgegebenen Jahrbuchs die „Leitlinien für verantwortliche
Regulierung von Eigentum, Besitz und Nutzung von Land, Wald und
Fischressourcen“ der Vereinten Nationen sowie die „Maastricht Prinzipien
zu Extraterritorialen Verpflichtungen“. „Die Politik muss die Regeln
für global agierende Konzerne auf dieser Basis neu gestalten“, forderten
Callenius und Herre, „nur so kann die Zivilgesellschaft die Kontrolle
über die natürlichen Ressourcen zurückgewinnen.“
Mehr Informationen
FIAN Deutschland
Richard Klasen
Tel.: 0176-8440 1794
E-Mail: r.klasen(at)fian.de
Brot für die Welt
Renate Vacker
Tel.: 0174-302 01 58
E-Mail: r.vacker(at)brot-fuer-die-welt.de
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