Donnerstag, 5. Juli 2012

Befangenheit im Bundesverfassungsgericht?

 Dies ist eine Spiegelung des Artikels mit freundlicher Genehmigung von IK News und der Auflage, die Quelle (IK News) anzugeben.


05. Juli 2012 | Jens Blecker 



Nachdem ich mich mit dem Verein Mehr-Demokratie intensiver beschäftigt hatte, sah ich seinerzeit von einer Unterstützung ab und widmete mich dem Netzwerk Volksentscheid. Primär geht es mir um den Schutz der Grundrechte und das Stoppen der meiner Ansicht nach demokratiefeindlichen und grundgesetzwidrigen Gesetze zum ESM und dem Fiskalpakt. Während der Recherchen und durch einige befruchtende Gespräche stieß ich auf etwas Interessantes. Prof. Dr. Peter M. Huber, welcher dem Senat beisitzt und auch die Berichterstattung während der Verhandlungen übernimmt, ist sehr eng verwoben mit dem Verein Mehr-Demokratie e.V. Ein genauer Blick bringt doch Einiges an Geschmäckle.

Bereits seit mindestens Juni 2008 ist Herr Huber im Kuratorium des Vereins und vertritt somit dessen Ansichten und Interessen nach Außen. Hierzu aus der Beschreibung des Kuratoriums bei Mehr-Demokratie e.V.:
„Das Kuratorium repräsentiert die Ziele des Vereins nach außen und berät den Vorstand. Seine Mitglieder werden auf Vorschlag von Vereinsmitgliedern vom Vorstand ernannt“ (Satzung Mehr Demokratie).[1]
Hierbei ist zu beachten, dass zum Beispiel die Anträge auf einstweilige Anordnung in der Klage von Mehr Demokratie e.V. zu den Ausgewählten zählt, welche am 10.07.2012 in einer mündlichen Verhandlung am Bundesverfassungsgericht behandelt werden. Die Anträge und Klage von Sarah-Lucia und Volker Hassel-Reusing direkt nach der Ratifizierung im Bundesrat beim Nachtportier im Bundesverfassungsgericht abgegeben wurden, sind nicht einmal öffentlich erwähnt auf der Webseite des Bundesverfassungsgerichtes. Auf Nachfrage bei der Pressestelle wurde mir dann das Aktenzeichen genannt, welches auf 2BVR 1445/12 lautet.
Was nun Herrn Prof. Dr. Peter M. Huber angeht, ergeben sich einige spannende Punkte. Aufgrund seines Wikipediaeintrages wird schnell offensichtlich, dass er dem Kuratorium von Mehr-Demokratie e.V angehört. Auch in einer Sonderausgabe ist er namentlich genannt. Hierzu ein Screenshot aus dem PDF auf Seite 10:
Hier war zumindest eine Nachfrage beim Bundesverfassungsgericht angebracht, die unverzüglich stattfand. Auch die Pressestelle von Mehr Demokratie e.V habe ich kontaktiert. Ab hier wird es noch ein wenig spannender. Der Pressesprecherin Frau Bloom beim BvferG war dieser Umstand nicht bekannt, jedoch sagte Sie mir zu, das unmittelbar zu klären. Kurze Zeit später bekam ich auch den zugesicherten Rückruf und Sie versicherte mir, dass Herr Huber schon seit Monaten nicht mehr Mitglied des Kuratoriums sei. Da ich dort andere Informationen habe, auf welche ich später eingehe, war ich doch einigermaßen überrascht.
Hierauf folgte der Anruf bei der Pressesprecherin von Mehr Demokratie.e.V, was nicht unbedingt zu einer Entwirrung beitrug. Frau Dänner gab auf Nachfrage an, dass Herr Huber selbstverständlich Mitglied des Kuratoriums sei. Bei einer solch schillernden Person eigentlich ein Umstand, welcher in der Pressestelle bekannt sein sollte oder meinen Sie nicht? Nach meinem Hinweis, wollte auch Sie sich kundig machen und auch von Ihr kam der entsprechend zugesagte Rückruf. Sie gab an, dass Herr Huber seit etwa 1-2 Monaten nicht mehr dem Kuratorium angehört. Informationen  zufolge, soll Herr Prof. Huber jedoch erst nach einem Hinweis von Außen, im Juni aus dem Kuratorium ausgetreten sein um eventuellen Vorwürfen wegen Befangenheit zu entgehen.
An dieser Stelle treffen die unterschiedlichsten Aussagen aufeinander, wobei es natürlich erstaunt, dass die Pressesprecherin von Mehr Demokratie e.V. nicht einmal wußte, dass Herr Huber aus dem Kuratorium ausgetreten ist. An dieser Stelle sei gesagt, dass die Pressesprecherin des BVerfG keine Befangenheit sieht, auch wenn Herr Prof. Dr. Huber dem Senat angehört, welcher die Klagen für die mündliche Verhandlung ausgesucht hat. Auch möchte ich darauf hinweisen, dass es zum Beispiel zwischen den Klagen von Hassel-Reusing und Mehr Demokratie eV. große Unterschiede gibt. Dieses wird nicht nur durch den Umfang der Klagen deutlich (Mehr Demokratie = 116 Seiten <> Hassel-Reusing = 718 Seiten) Zu den wichtigsten Unterschieden werde ich einen eigenen Artikel schreiben, da es um elementares und soziales Recht geht.

Sehen wir zuletzt noch auf den Umstand, dass Herr Prof. Huber der drei köpfigen Kammer angehört, welche über die Klagen entscheidet die behandelt werden als Verfahren, ist alles dazu gesagt.

Eine kurze Stellungnahme von Volker Reusing zu wichtigen Unterschieden bei den Klagen :
-Prognose der zu erwartenden Grund- und Menschenrechtsverletzungen durch die iwf-artige Strenge (Art 136 III S. 2 AEUV, Ecofin-Rat vom 10.05.2010) anhand umfangreicher bisheriger Erfahrungen mit IWF, Troika und daneben auch EU-Kommission
-Beweis der Verpflichtung zur Anwendung der universellen Menschenrechte der Uno in Deutschland über Art. 1 Abs. 2 GG und Geltendmachung der Verletzung der universellen Menschenrechte auf Nahrung, Sozialversicherung und Gesundheit
-Beweis, dass weitaus mehr Volksabstimmungen ohne GG-Änderung möglich und angesichts der Kompetenzüberschreitungen der Wirtschaftsregierung in Zusammenhang mit ESM und Wirtschaftsregierung auch akut geboten sind, aber nur zusätzlich zum Zustimmungserfordernis des Parlaments, nicht etwa als Ersatz für die ordnungsgemäße Behandlung gültiger Verfassungsbeschwerden
Herzliche Grüße,
Volker Reusing
Auch möchte ich an dieser Stelle ein Zitat aus einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes bringen, welches unmißverständlich das Grundgesetz stützt:
Das Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richt am 30.Juni 2009 zum soge­nannten Lissabon-​Vertrag in seiner Ent­schei­dung 2 BvE 2/​08 wört­lich und in Deutsch­land immer noch rechtsverbindlich:
“Das Grund­ge­setz ermäch­tigt die für Deutsch­land han­delnden Organe nicht, durch einen Ein­tritt in einen Bun­des­staat das Selbst­be­stim­mungs­recht des Deut­schen Volkes in Gestalt der völ­ker­recht­li­chen Sou­ve­rä­nität Deutsch­lands aufzugeben.
[...]
Dieser Schritt ist wegen der mit ihm ver­bun­denen unwi­der­ruf­li­chen Sou­ve­rä­ni­täts­über­tra­gung auf ein neues Legi­ti­ma­ti­ons­sub­jekt allein dem unmit­telbar erklärten Willen des Deut­schen Volkes vorbehalten …
[...]
Das Grund­ge­setz setzt damit die sou­ve­räne Staat­lich­keit Deutsch­lands nicht nur voraus, son­dern garan­tiert sie auch. ..
[...]
Das Grund­ge­setz ermäch­tigt die deut­schen Staats­or­gane nicht, Hoheits­rechte derart zu über­tragen, dass aus ihrer Aus­übung heraus eigen­ständig wei­tere Zustän­dig­keiten für die Euro­päi­sche Union begründet werden können. Es unter­sagt die Über­tra­gung der Kompetenz-​Kompetenz. ..
[...]
Auch eine weit­ge­hende Ver­selb­stän­di­gung poli­ti­scher Herr­schaft für die Euro­päi­sche Union durch die Ein­räu­mung stetig ver­mehrter Zustän­dig­keiten und eine all­mäh­liche Über­win­dung noch beste­hender Ein­stim­mig­keits­er­for­der­nisse oder bis­lang prä­gender Regu­la­rien der Staa­tengleich­heit kann aus der Sicht des deut­schen Ver­fas­sungs­rechts allein aus der Hand­lungs­frei­heit des selbst­be­stimmten Volkes heraus geschehen.”[1]+[2]
Bei der Pressekonferenz des Verein Mehr Demokratie e.V., am 12.04.2012 heißt es wörtlich:
” … weil wir uns nicht gegen den Inhalt der Verträge wenden, auch nicht gegen die verschiedenen wirtschaftspolitischen Kritiken, sondern uns gehts um die Demokratiefrage. Wir stellen die Demokratiefrage in den Mittelpunkt. Dies hier ist keine Euroskeptische Veranstaltung und erst recht keine antieuropäische Veranstaltung… droht der europäischen Idee Schaden zuzufügen…”[3]
Fazit : Prof. Huber, welcher bis auf eine temporäre Pause eifriges Mitglied des Vereins Mehr Demokratie eV ist, gehörte zum Senat welcher entschied über die Klagen in der mündlichen Verhandlung. Er ist der Berichterstatter zu den Klagen und in der 3 köpfigen Kammer die darüber entscheidet, welche der Klagen bearbeitet werden. Mehr Demokratie eV. welche Initiator von Volksentscheid, sonst klagen wir sind, lehnt die demokratiefeindlichen Inhalte der Verträge nicht ab, sondern bemängelt die fehlende Volksbefragung. Inhaltlich gibt es dramatische Unterschiede zur Klage von Volker und Sarah Reusing. In meinen Augen ist hier Befangenheit auf jeden Fall ein Thema, ob es zu entsprechenden Anträgen kommt und wie dann entschieden wird, bringt die Zeit.
Carpe diem
[1] http://www.bverfg.de/entscheidungen/es20090630_2bve000208.html
[2] http://www.radio-utopie.de/2011/08/26/die-schatten-fraktion-des-deutschen-bundestages/
[3] http://www.youtube.com/watch?v=tE5Wgu4L0uY
Lesenswert : http://netzwerkvolksentscheid.de/2012/05/31/wiederstand-gegen-demokratiezerstorung-teil-1/
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Update 15:17 Uhr
nach einem Hinweis der Beschwerdeführerin von Mehr Demokratie eV habe ich eine kleine Änderung vorgenommen:
Text alt : Hierbei ist zu beachten, dass zum Beispiel die Klage von Mehr Demokratie e.V. zu den Ausgewählten zählt, welche am 10.07.2012 in einer mündlichen Verhandlung am Bundesverfassungsgericht behandelt werden.
Text neu : Hierbei ist zu beachten, dass zum Beispiel die Anträge auf einstweilige Anordnung in der Klage von Mehr Demokratie e.V. zu den Ausgewählten zählt, welche am 10.07.2012 in einer mündlichen Verhandlung am Bundesverfassungsgericht behandelt werden.

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